Der Hype um Freiflächen bei Wohnimmobilien ist zu Ende. Doch wie wirkt sich das auf den Wert von Objekten mit Garten, Balkon oder Terrasse aus?
Dieser Artikel ist im Eigentümer:in Magazin erschienen.
Ein Häuschen mit Garten, ein möglicher Urlaub auf „Balkonien“ oder eine Terrasse für den Sonntagsbrunch – Freiflächen gehören zu den begehrtesten Merkmalen einer Immobilie. Während viele Suchende von einem eigenen Wohnbereich an der frischen Luft träumen, wirkte das Angebot lange eher knapp. Umgekehrt bedeutet etwa ein nachgerüsteter Balkon für Eigentümer:innen eine Wertsteigerung ihrer Immobilie. Doch wie sieht die Lage auf dem Markt aus: Wie wertvoll sind Balkon und Co. aktuell? Marktdaten von ImmoScout24 geben Aufschluss darüber.
Die Nachfrage nach Freiflächen stieg durch die Lockdowns während der Corona-Pandemie ab dem Jahr 2020 sprunghaft an. Im ersten Quartal 2021 war sie bei Kaufimmobilien um ganze 76 Prozent nach oben geschnellt. Die Sehnsucht der Menschen nach Freiflächen wurde so stark, dass ein großer Teil der Österreicher:innen dafür auf andere Dinge verzichtet oder gar einen Zweitjob angenommen hätte. Dies gaben 89 Prozent der Befragten in einer Untersuchung für ImmoScout24 im Vorjahr an. Im ersten Jahresviertel 2022 legte die Nachfrage nach Immobilien mit Freiflächen um weitere 22 Prozent deutlich zu.
Doch dieser Trend scheint vorerst ein Ende gefunden zu haben. In den ersten Monaten des laufenden Jahres wurden Kaufobjekte mit Freifläche nur noch halb so oft gesucht. Das Minus bei der Nachfrage beträgt satte 53 Prozent: „Dieser starke Einbruch hat unterschiedliche Gründe. Einerseits haben viele die Wunschimmobilie mit Garten oder Terrasse bereits gefunden, andererseits geht die Nachfrage nach Kaufobjekten insgesamt zurück“, erklärt Markus Dejmek, Österreich-Chef von ImmoScout24. Immerhin ist sie bei Kaufobjekten ohne Freifläche mit minus 57 Prozent noch etwas stärker gesunken.
Generell sind derzeit verstärkt Mietobjekte gefragt. Gesucht werden vorwiegend Mietwohnungen ohne Freifläche (plus 15 Prozent) und deutlich weniger oft ein neues Zuhause mit Außenbereich (plus 7 Prozent). „Wir gehen nicht davon aus, dass die Attraktivität der Freiflächen an sich plötzlich abgenommen hat. Allerdings setzen die Menschen angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ihre Prioritäten anders“, meint Tuğçe Tercioğlu, Analystin bei ImmoScout24. Im Mai dieses Jahres wurden die Daten der 2020 bis 2023 auf ImmoScout24.at veröffentlichten Angebote ausgewertet. Unter den neuen Gegebenheiten spielt der Preis eine entscheidende Rolle.
Österreichweit beträgt die durchschnittliche Bruttomiete, also inklusive Betriebskosten, aber ohne Heizung und Strom, für eine Immobilie mit Balkon, Terrasse oder Garten 16,2 Euro pro Quadratmeter, ohne solche Außenbereiche ist sie um zwei Euro geringer. Im Schnitt liegt also der Mietpreis für eine Wohnung mit Freifläche um circa 14 Prozent höher. „Dabei muss man bedenken, dass Wohnungen mit einem Balkon sehr viel häufiger Neubauten sind“, sagt Tuğçe Tercioğlu. Über 90 Prozent der angebotenen Immobilien, die über eine Freifläche verfügen, sind als Neubau eingestuft und unterliegen damit meist nicht dem Richtwertmietzins und können daher leichter teurer vermietet werden. Die regionalen Unterschiede sind dabei teils beträchtlich. Ein Zuhause mit einer Wohnfläche von 70 Quadratmetern kostet im österreichischen Durchschnitt 1.134 Euro Miete inklusive Betriebskosten, aber ohne Heizung und Strom. Unter 1.000 Euro finden sich derartige Immobilien verstärkt im Burgenland, in Nieder- und Oberösterreich sowie der Steiermark. In Tirol und Salzburg erreicht der Mietpreis für eine 70-Quadratmeter-Wohnung mit Terrasse oder ein ebenso großes Haus mit Garten mit rund 1.290 Euro den höchsten Wert.
Noch stärker als bei der Miete wirkt sich eine Freifläche auf den Kaufpreis einer Immobilie aus. Der Quadratmeterpreis für ein Haus oder eine Wohnung ohne Freifläche beträgt im Mittel 4.600 Euro. Verfügt ein Objekt hingegen über Balkon, Terrasse oder Garten, erhöht sich der Preis auf 5.527 Euro. Eine Freifläche steigert den Wert bei Kaufimmobilien also um gut ein Fünftel. Auch hier werden regionale Unterschiede sichtbar: Im Burgenland lassen sich Häuser und Wohnungen von 100 Quadratmetern mit Balkon, Garten oder Terrasse um rund 343.000 Euro erwerben. In Tirol wird dieselbe Größe hingegen um 709.000 Euro angeboten. Mit mehr als 600.000 Euro müssen Käufer:innen in Salzburg, Vorarlberg und Wien rechnen. Nieder- und Oberösterreich sowie die Steiermark und Kärnten locken mit Preisen zwischen 405.000 und 437.000 Euro für ein 100 Quadratmeter großes Eigenheim mit Freifläche.
Ob Kauf oder Miete: Grünflächen und die Möglichkeit, innerhalb des eigenen Wohnbereichs Frischluft zu schnappen, steigern den Wert einer Immobilie nach wie vor beträchtlich. Wie die Daten zeigen, ändern daran selbst eine veränderte Nachfrage und schwierigere wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorerst nichts.